
1. Wie stehen Sie zu den von der Kieler Ratsversammlung beschlossenen Stadtbahn-Plänen? Welche Priorität hat die Stadtbahn für Sie? Welche Akzente möchten Sie setzen?
Als der Bau der Stadtbahn 2018 einstimmig beschlossen wurde, habe ich mich gefreut. Damals waren aber die ausufernden Kosten und der gewaltige Aufwand noch nicht absehbar. Aufgrund der aktuellen Entwicklung lehne ich die Realisierung der Stadtbahn ab und fordere einen sofortigen Stopp der Planung.
2. Kiel 2034, die erste Tram-Linie fährt: Wie geht es nach der ersten Inbetriebnahmestufe der Stadtbahn weiter?
Dass die Stadtbahn im Jahr 2034 wirklich fährt, möchte ich bezweifeln. Ich halte es für wahrscheinlich, dass das Projekt beklagt wird – somit wird sich auch die Planfeststellung verzögern, die ohnehin sehr lange dauert. Da ich hoffe, dass der Bau nicht begonnen wird, stellt sich für mich die Frage nach den weiteren Inbetriebnahmestufen nicht. Gleichwohl bin ich offen für einen Bürgerentscheid: Sollten die Kielerinnen und Kieler sich mehrheitlich für die Stadtbahn entscheiden, würde ich mich als Oberbürgermeister auch an dieses Votum gebunden fühlen.
3. Wie sieht für Sie die Mobilität der Zukunft in Kiel neben der Stadtbahn aus, insbesondere hinsichtlich der Anbindung des Umlands?
Ich habe ein eigenes Konzept entwickelt, das ich am 06. September auf einem Mobilitätskongress in Kiel vorstellen werde. Schon jetzt kann ich dazu sagen, dass es auf mehreren Säulen beruhen wird. Schon jetzt kann ich sagen, dass eine dieser Säulen das Projekt „S-Bahn-Kiel“ aus dem Landesnahverkehrsplan und dessen Weiterentwicklung sein wird. Es ist in meinen Augen eine gute Lösung, um eine gute Anbindung des Kieler Umlandes an die Landeshauptstadt zu erreichen. Unter anderem möchte ich auch den Fährverkehr auf der Kieler Förde ausbauen.
4. Der Güterverkehr auf dem Kieler Stadtgebiet, insbesondere in Richtung der Fährhäfen, wandert zunehmend von der Schiene auf die Straße. Dabei sollte die Entwicklung eigentlich andersherum sein, um Kiels Straßennetz zu entlasten. Wie wollen Sie gegensteuern?
Dass Güterverkehr immer mehr auf die Straße verlegt wird, ist kein typisches Problem für Kiel – wir sehen diese Tendenz seit Jahren überall in Deutschland. Das liegt aus meiner Sicht daran, dass die Schiene für Güterverkehr nicht attraktiv genug ist. Hier ist besonders die Deutsche Bahn gefordert – die Handlungsmöglichkeiten für die Stadtverwaltung sind eher gering.
5. Guten ÖPNV wollen alle, aber der Straßenraum ist beschränkt. Sind Sie bereit, Verkehrsraum zugunsten des ÖPNV sowie geschützter Rad- und Fußwege neu aufzuteilen?
Es kommt darauf an, wie sich die Platzverhältnisse im jeweils konkreten Einzelfall darstellen. Ich möchte, dass alle Verkehrsteilnehmer, ob mit ÖPNV, Fahrrad, Auto oder zu Fuß gut nebeneinander existieren können. Das muss aber gut ausbalanciert werden. Ich bin überzeugt, dass auch Autofahrende bereit sind, Verkehrsraum zu teilen, sofern sie das Signal bekommen, auch weiterhin mit dem Auto in die Stadt fahren zu können.
6. Der Kieler Stadtverkehr leidet unter starkem Personalmangel, der sich in den kommenden Jahren noch verschärfen wird. Mit welchen Maßnahmen möchten Sie gegensteuern?
Ich halte es für richtig, verstärkt Personal aus dem Ausland einzusetzen. Außerdem gibt es im Fährverkehr inzwischen das sogenannte „Kleinschiffahrtszeugnis“, welches ermöglicht, dass auch Schiffsführer ohne Kapitänspatent Passagierfähren steuern dürfen. Langfristig wird sich das autonome Fahren sowohl auf der Straße als auch auf dem Wasser durchsetzen, davon bin ich überzeugt. Dadurch dürften dann auch Personalengpässe abgemildert werden können.