Marcel Schmidt

Oberbürgermeister-Kandidat des SSW

Alter: 61
Beruf: Polizeihauptkommissar (pens.)

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1. Wie stehen Sie zu den von der Kieler Ratsversammlung beschlossenen Stadtbahn-Plänen? Welche Priorität hat die Stadtbahn für Sie? Welche Akzente möchten Sie setzen?

Seit über 10 Jahren unterstütze ich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel die Stadtbahn. Ich habe die Planungsschritte in der Ratsversammlung und den Ausschüssen begleitet. Ich war mit verschiedenen Ratsleuten und Fachkräften der Verwaltung in Skandinavien, in Malmö, Lund, Odense und Aarhus. Dort haben wir uns angesehen, wie in Dänemark und Schweden moderne ÖPNV-Systeme eingeführt werden.

Ich stehe hinter dem Projekt Stadtbahn. Die Kieler Stadtbahn ist das elementare Projekt für den Stadtverkehr. Sie ist die einzige Lösung, die leistungsfähig genug ist, um die Probleme im Kieler ÖPNV zu überwinden.

Bei dem hohen Umfang des Ausgabenrahmens und dem damit einhergehenden finanziellen Risiko muss die finale Entscheidung jedoch bei den Kieler*innen liegen. Der Oberbürgermeister soll in wichtigen Fragen Position beziehen, aber der Ratsversammlung und den Kieler*innen nicht seinen Willen aufzwingen. Die aktuellen Diskussionen in der Öffentlichkeit zeigen, dass ein großes Interesse am Thema Stadtbahn besteht. Angesichts der Haushaltslage – in Kiel gilt aktuell eine Haushaltssperre – sowie den Finanzproblemen in Bund und Land ist es nachvollziehbar, dass die Menschen in unserer Stadt Projekte mit hohem Finanzbedarf hinterfragen. Deshalb muss es einen Bürgerentscheid geben, wenn die entsprechende Planungsreife vorliegt. Dies ist nach den letzten Aussagen des Kämmerers absehbar 2028 der Fall.

Als Oberbürgermeister werde ich dafür sorgen, dass die notwendigen Informationen gewissenhaft ermittelt, vollständig und verständlich aufbereitet zur Verfügung gestellt werden, damit die Bürger*innen auf eine solide und neutral gehaltene Entscheidungsgrundlage für einen Bürgerentscheid zugreifen können.

Wir brauchen einen Bürgerentscheid, um zu zeigen, dass die Sorgen der Kieler*innen ernst genommen werden und um Klarheit zu schaffen, damit wir die sich abzeichnende Spaltung in der Stadtgesellschaft überwinden können.

2. Kiel 2034, die erste Tram-Linie fährt: Wie geht es nach der ersten Inbetriebnahmestufe der Stadtbahn weiter?

Es geht zunächst darum, die Stadtbahn als Verkehrsmittel zu etablieren. Also für einen reibungslosen Betrieb sorgen, Anfangsprobleme schnell beseitigen und auf die Rückmeldungen der Fahrgäste reagieren. Dabei soll aber auch der Schwung der Begeisterung über den Start der Stadtbahn genutzt werden und der Ausbau der nächsten Streckenabschnitte/Linien zügig angegangen werden. Ziel muss es sein, das geplante Streckennetz so schnell wie möglich umzusetzen, ohne den Betrieb zu vernachlässigen.

3. Wie sieht für Sie die Mobilität der Zukunft in Kiel neben der Stadtbahn aus, insbesondere hinsichtlich der Anbindung des Umlands?

Nach dem Bau der ersten Linien der Stadtbahn muss nach meiner Überzeugung der Verkehr beobachtet und auf dieser Grundlage der Bedarf für die verschiedenen Verkehrsarten (Fußverkehr, Radverkehr, Kraftfahrzeuge, etc.) neu berechnet werden. Ich erwarte einen Rückgang des motorisierten Individualverkehrs.

Die Anbindung des Umlands hängt natürlich auch von den umliegenden Kommunen und Kreisen ab. Ich bin ein großer Fan von interkommunaler Zusammenarbeit. Wenn es möglich ist, wäre eine Ausweitung des Betriebs der Stadtbahn auf das Umland wünschenswert. In jedem Fall möchte ich Park and Ride Plätze an relevanten Haltepunkten der Stadtbahn einrichten.

4. Der Güterverkehr auf dem Kieler Stadtgebiet, insbesondere in Richtung der Fährhäfen, wandert zunehmend von der Schiene auf die Straße. Dabei sollte die Entwicklung eigentlich andersherum sein, um Kiels Straßennetz zu entlasten. Wie wollen Sie gegensteuern?

Die Ursachen für diese Entwicklung müssen genau untersucht werden. Insbesondere muss die Frage geklärt werden, welchen Einfluss mögliche Veränderungen im Schiffsverkehr auf diese Entwicklung haben. Ich würde eine Arbeitsgruppe installieren, in der neben Experten für den Straßen- und Schienenverkehr auch Experten aus dem maritimen Bereich vertreten sind. Diese Arbeitsgruppe soll die Entwicklung analysieren und Lösungsvorschläge erarbeiten, die anschließend mit der Politik und den Bürger*innen diskutiert werden. Die Ergebnisse der Diskussionen sollen dann umgesetzt werden.

5. Guten ÖPNV wollen alle, aber der Straßenraum ist beschränkt. Sind Sie bereit, Verkehrsraum zugunsten des ÖPNV sowie geschützter Rad- und Fußwege neu aufzuteilen?

Es ist offensichtlich, dass die Entwicklung des Verkehrs eine Neuaufteilung des Verkehrsraums erfordert. Mir ist wichtig, dass die Neuaufteilung des Verkehrsraums nicht nach ideologischen Gesichtspunkten erfolgt, sondern aufgrund von nachprüfbaren, faktenbasierten Erkenntnissen. Die Kieler Stadtgesellschaft ist in Bezug auf die Verkehrspolitik gespalten. Ich werde als Oberbürgermeister einen Dialog zur Verkehrspolitik anstoßen, der die entstandenen Gräben überwindet.

6. Der Kieler Stadtverkehr leidet unter starkem Personalmangel, der sich in den kommenden Jahren noch verschärfen wird. Mit welchen Maßnahmen möchten Sie gegensteuern?

Ich möchte die Arbeitsbedingungen im ÖPNV weiter verbessern. Dazu gehört auch eine verbesserte faire Bezahlung. Der Kieler SSW hatte sich bei diesen Themen in der Vergangenheit stets engagiert eingebracht. Das möchte ich auch als OB tun. Weiterhin werde ich das Gespräch mit den Beschäftigten im ÖPNV sowie den Verkehrsunternehmen suchen und mir selber ein Bild von der Situation machen. Ich setze auch in diesem Punkt auf die Stadtbahn, die im Betrieb mit vergleichsweise wenig Personal auskommt.