
1. Wie stehen Sie zu den von der Kieler Ratsversammlung beschlossenen Stadtbahn-Plänen? Welche Priorität hat die Stadtbahn für Sie? Welche Akzente möchten Sie setzen?
Die Stadtbahn ist in erster Linie ein sozialdemokratisches Projekt: Sie sorgt dafür, dass alle Menschen in Kiel – unabhängig vom Einkommen – zuverlässig, schnell, bequem und bezahlbar mobil sein können. Sie verbindet Stadtteile, stärkt das Zusammenleben und macht unsere Stadt lebenswerter. Ich stehe uneingeschränkt hinter den Ratsbeschlüssen und werde mich dafür einsetzen, den begonnenen Prozess erfolgreich umzusetzen. Denn für mich ist klar: Die Stadtbahn hat höchste Priorität – sie ist das Rückgrat eines gerechten, leistungsfähigen Nahverkehrs. Sie ist zudem ein Gewinn für die Wirtschaft, weil sie Kundschaft direkt in die Einkaufsstraßen bringt und Arbeitsplätze in Bau, Betrieb und Wartung schafft.
Meine Akzente: Wir wollen den Bauablauf so gestalten, dass Beeinträchtigungen für Anwohner:innen und Gewerbe so gering wie möglich bleiben. Dazu gehört auch, die Zusammenarbeit mit den Gewerbetreibenden in der Holtenauer Straße und in der Elisabethstraße in Gaarden verbindlich zu gestalten – hier liegen bereits entsprechende Letter of Intent (LOI) vor. Gleiches gilt für die Kooperation mit der Landesregierung unter Ministerpräsident Daniel Günther, um Fördermittel, Planungssicherheit und die rechtlichen Rahmenbedingungen dauerhaft abzusichern.
Finanziell ist die Stadtbahn eine Investition, die sich auszahlt: Sie wird mit bis zu 90 % von Bund und Land gefördert, reduziert langfristig Betriebskosten im Nahverkehr, steigert die Standortattraktivität Kiels und sorgt für zusätzliche Steuereinnahmen durch wirtschaftliches Wachstum. Natürlich ist die Stadtbahn auch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz – aber für uns steht im Vordergrund, dass sie Mobilität für alle verbessert, die Menschen besser verbindet, unsere Stadtteile wieder stärker zusammenführt und sich volkswirtschaftlich rechnet. Außerdem sollten wir frühzeitig die zweite Ausbaustufe vorbereiten, um Planungslücken zu vermeiden.
2. Kiel 2034, die erste Tram-Linie fährt: Wie geht es nach der ersten Inbetriebnahmestufe der Stadtbahn weiter?
2034 darf nicht das Ziel, sondern der Startschuss sein. Ich möchte bis dahin die Planungen für weitere Linien – insbesondere ins Ostufer und in die südlichen Stadtteile – so weit vorangetrieben haben, dass der Ausbau nahtlos weitergeht. Dazu will ich die Stadtbahn mit modernen Buslinien, attraktiven Umsteigern für Autofahrer:innen, einem gestärkten Fähren-Verkehr und sicheren Radwegen intelligent verknüpfen. Mein Vorbild sind integrierte Mobilitätsnetze wie in Kopenhagen oder Aarhus, die nahtlos verschiedene Verkehrsmittel verbinden.
3. Wie sieht für Sie die Mobilität der Zukunft in Kiel neben der Stadtbahn aus, insbesondere hinsichtlich der Anbindung des Umlands?
Neben der Stadtbahn setze ich auf ein verlässliches und getaktetes Busnetz, sichere und komfortable Radwege sowie Fußwege, die auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen gut nutzbar sind. Für das Umland brauchen wir bessere SPNV-Verbindungen (Regionalbahn, Regionalexpress), attraktive Umsteiger (P+R) sowie gute Vernetzungspunkte zwischen Bahn, Stadtbahn, Fähren und Bussen. Auch eine stärkere Abstimmung mit dem Regional- und Nahverkehr in den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Plön etc. ist notwendig, damit Pendeln klimafreundlicher und bequemer wird.
Ein weiterer wichtiger Baustein sind ausreichend Quartiersparkhäuser, um den ruhenden Verkehr zu bündeln, Wohnstraßen zu entlasten und Flächen für Grün, Begegnungsorte der Menschen und sichere Wege zu gewinnen. So schaffen wir ein Mobilitätssystem, das sowohl in der Stadt als auch im Umland funktioniert und für alle zugänglich bleibt.
4. Der Güterverkehr auf dem Kieler Stadtgebiet, insbesondere in Richtung der Fährhäfen, wandert zunehmend von der Schiene auf die Straße. Dabei sollte die Entwicklung eigentlich andersherum sein, um Kiels Straßennetz zu entlasten. Wie wollen Sie gegensteuern?
Ich möchte die Schienenanbindung der Hafenanlagen sichern und ausbauen. Dafür braucht es Investitionen in die Gleisinfrastruktur und klare Vereinbarungen mit den Hafenbetreibern. Ein zentraler Baustein ist dabei die Ertüchtigung des Rangierbahnhofs Meimersdorf, wie es die SPD Kiel bereits beschlossen hat: Ziel ist es, den LKW-Verkehr zum Ostuferhafen schrittweise auf die Schiene zu verlagern. Dafür müssen die Anlagen so ausgebaut werden, dass LKW auf Züge verladen werden können, und mindestens zwei Gleise für den Hin- und Rücktransport zur Verfügung stehen.
In einem weiteren Schritt möchte ich verbindliche Regelungen schaffen, die LKW-Verkehre zum Ostuferhafen verpflichten, den Schienenweg zu nutzen. Das entlastet insbesondere den Ostring (B 502) von Schwerlastverkehr, reduziert Schadstoffe und Lärm und steigert die Lebensqualität im Kieler Ostufer. Gleichzeitig möchte ich die Kombinierten Verkehr stärken, um Güter effizient zwischen Schiff, Bahn und Straße zu verteilen.
5. Guten ÖPNV wollen alle, aber der Straßenraum ist beschränkt. Sind Sie bereit, Verkehrsraum zugunsten des ÖPNV sowie geschützter Rad- und Fußwege neu aufzuteilen?
Ja – ich bin bereit, den zur Verfügung stehenden Raum gezielt besser aufzuteilen. Es geht dabei aber nicht um eine Verdrängung des Individualverkehrs, sondern darum, den vorhandenen Raum so zu gestalten, dass er allen Verkehrsteilnehmer:innen gerecht wird und die Erreichbarkeit für alle gesichert bleibt. Die Stadtbahn ist dabei eine hervorragende Gelegenheit, um Straßenräume neu und funktional zu ordnen und gerade im Innenstadtbereiche eine attraktive Alternative zu schaffen – mit Platz für sichere Radwege, attraktive Fußwege, einen leistungsfähigen ÖPNV, Liefer- und Handwerkerverkehre sowie Autos, für die, die es dann wirklich noch brauchen.
Mir ist wichtig, diesen Prozess transparent zu gestalten und frühzeitig in die Ortsbeiräte zu gehen, um Anregungen aus den Stadtteilen einzubeziehen. Ein positives Beispiel, wie das gelingen kann, ist der Holstenfleet: Hier wurde der Stadtraum aufgewertet und für Menschen deutlich attraktiver gestaltet, ohne die Erreichbarkeit der Innenstadt einzuschränken. Solche Win-Win-Lösungen möchte ich auch entlang der Stadtbahntrasse schaffen.
6. Der Kieler Stadtverkehr leidet unter starkem Personalmangel, der sich in den kommenden Jahren noch verschärfen wird. Mit welchen Maßnahmen möchten Sie gegensteuern?
Wir brauchen eine Ausbildungsoffensive für Fahrer:innen von Bussen und künftig auch Stadtbahnen – am besten in Kooperation mit dem Jobcenter und regionalen Bildungsträgern. Attraktive Arbeitsbedingungen, verlässliche Dienstpläne und tarifgerechte Bezahlung sind dabei entscheidend. Die KVG hat hier bereits eine Menge unternommen, um den Beruf des Busfahrers bzw. der Busfahrerin attraktiver zu gestalten – von verbesserten Arbeitszeitmodellen bis hin zu modernen Fahrzeugen und besserer Pauseninfrastruktur.
Darüber hinaus sollten wir frühzeitig Quereinsteigerprogramme starten und die Ausbildungskapazitäten für Stadtbahn-Fahrpersonal schon vor der Inbetriebnahme aufbauen. Zugleich müssen wir den Blick in die Zukunft richten: Autonomes Fahren – sowohl bei Bussen und Stadtbahnen als auch im Individualverkehr – wird in den kommenden Jahren eine immer größere Rolle spielen. Kiel sollte hier Pilotprojekte unterstützen, um Technik, Sicherheit und Betriebsabläufe rechtzeitig erproben zu können und so langfristig Personalengpässe abzufedern.