Tram für Kiel e.V. begrüßt den Antrag “Konzept für Stadtbahn jetzt entwickeln“, der nun in der Ratsversammlung mit überwältigender Mehrheit und den Stimmen der SPD, den Grünen, der FDP, den Linken, der Fraktion und des SSW beschlossen wurde.
Deutliche Mehrheit
Gestern Abend stimmte die Kieler Ratsversammlung mit großer Mehrheit für den Bau einer Stadtbahn.
Der Antrag wurde von sechs Fraktionen gemeinsam eingebracht und angenommen: SPD, Grüne, SSW, Linke, Die Fraktion (Piraten und Die Partei) und FDP sorgten für eine deutliche Mehrheit mit 71 % der Stimmen.
Gegen den Antrag und für einen Alternativantrag stimmte nur die CDU. Die AfD stimmte für keinen der Anträge, enthielt sich aber auch nicht.
Für den Fraktionsvorsitzenden der Linken, Stefan Rudau, war es ein schönes Signal, dass auch die kleineren Fraktionen von Anfang an mitgenommen würden. Egal ob FDP, Linke oder Piraten: die Redner zeigten sich sehr erfreut, dass man bei diesem ambitionierten Projekt jetzt gemeinsam an einem Strang ziehe.
Dazugelernt
Die Tram wird mit dem Antrag als zentrales Element einer Mobilitätswende erkannt.
Es wird nicht mehr nur eine Verbesserung der Mobilität der Kieler angestrebt, ein wesentliches Element des Antrags ist die Aufwertung des öffentlichen Raumes in der Stadt insgesamt.
Aus den Fehlern bei der StadtRegionalBahn wurde gelernt. Alle sollen von Anfang an mitgenommen werden: die Fraktionen werden über einen Lenkungskreis eingebunden und sind eingeladen, die Planungen mitzugestalten. In der Verwaltung wird ein ämterübergreifendes Projektteam gebildet, das insbesondere Stadt- und Verkehrsplanung miteinander verzahnen soll, aber auch Vertreter aus der Kieler Wirtschaft und Bevölkerung umfasst.
Die Fraktionsvorsitzender der FDP, Christina Musculus-Stahnke, erinnerte daran wie wichtig es sei, gerade die Anlieger und Einzelhändler frühzeitig zu informieren und einzubinden. Es sei in den letzten Jahren in Kiel zu sehen gewesen, wie sehr Unternehmen unter langwierigen Bauphasen litten. Es sei daher zu begrüßen, dass man dieses der FDP wichtige Anliegen im Planungsprozess berücksichtigen werde.
Explizit sollen frühzeitig aussagekräftige Visualisierungen des geplanten Zustands erstellt werden, um die Planungen besser zu vermitteln. Von Anfang an soll es eine intensive und umfassende Bürgerbeteiligung geben – zunächst ohne Vorfestlegungen hinsichtlich der zu realisierenden Linien.
Begleitend zur Konzeptentwicklung werden die technische und finanzielle Umsetzbarkeit vorbereitet: detaillierte Planungen und Einwerbung von Fördermitteln sollen schon während der Konzeptentwicklung angestoßen werden, wenn die Voraussetzungen gegeben sind.
Daran erkennt man: es soll nicht ein weiteres Gutachten geben. Es ist der erste Schritt zum Bau der Tram getan.
Gutachter empfehlen eine Tram für Kiel
In der Debatte gab der Oberbürgermeister vermutlich erstmals das Ergebnis der bisher nicht veröffentlichten Weiterentwicklung des Verkehrsentwicklungsplan bekannt: die Gutachter sprechen sich demnach deutlich für die Realisierung einer Tram aus.
CDU wankt: Ja, aber
Die CDU hat ihre Fundamentalopposition offensichtlich aufgegeben. In der dem Antrag folgenden Aussprache machte Ratsherr Kruber für die CDU deutlich, dass sich die Kieler CDU nicht grundsätzlich gegen eine Stadtbahn stelle, eine solche vielmehr sogar für sinnvoll halte.
Kruber warf den Antragsstellern indes vor, die allgemeine Weiterentwicklung des ÖPNV durch ein ambitioniertes Projekt wie der Stadtbahn über Jahre zu verzögern. Sinnvoller sei es seiner Meinung daher, zunächst das bestehende Busnetz weiterzuentwickeln und im Hintergrund eine Stadtbahn zu planen.
Die anderen Fraktionen reagierten verwundert und verwiesen auf den in der Hinsicht recht deutlichen Antrag: die Stadtbahn sei nur ein Baustein der Weiterentwicklung des ÖPNV. Ratsherr Andre Wilkens von der SPD zeigte auf, welche Entwicklungen in den nächsten Jahren anstünden und zum Teil ohnehin bereits beschlossen seien: Beschaffung von E-Bussen, Ausweitung und Sanierung der Förderschifffahrt.
Die Fraktionsvorsitzende der SPD, Gesa Langfeld, machte noch einmal deutlich, dass die Tram ein Ausbau und kein Ersatz des heutigen ÖPNV sei.
Oberbürgermeister Kämpfer zitierte dazu auch das in den kommenden Wochen zu veröffentlichende Gutachten zur Weiterentwicklung des Kieler ÖPNV, an dem seit fast zwei Jahren gearbeitet wird. Neben der klaren Empfehlung für eine Stadtbahn enthalte es auch eine Fülle an ergänzenden und alternativen Maßnahmen. Die Verwaltung wolle den ÖPNV in den nächsten Jahren in alle Richtungen weiterentwickeln. Kämpfer sprach von einem verzweifelten Versuch, eine Kontroverse zu konstruieren. Und zeigte sich erfreut, dass die CDU-Ratsfraktion eine Tram für Kiel im Prinzip unterstütze.
Ralf Meinke von der FDP sah die CDU zum Schluss der Debatte in der Sache schon ganz nah am Antrag der Tram-Koalition und machte das Angebot, dass man offen sei für einen Beitritt und bot der CDU an, an dem Lenkungskreis der Ratsfraktionen teilzunehmen.
Mehr Tempo!
Tram für Kiel freut sich über den erreichten breiten Konsens der Antragsteller über nahezu das gesamte Parteienspektrum. Wir begrüßen diesen wichtigen Schritt.
Nur die CDU steht – noch? – abseits. Auch wenn es Zeichen dafür gab, dass die CDU in der Tram-Frage inzwischen wankt und wir sogar von Tram-Befürwortern in den Reihen der CDU-Fraktion erfuhren, war das grundsätzliche Bekenntnis der Fraktionsführung zur Notwendigkeit einer Tram eine erfreuliche Überraschung.
Dabei schließen wir uns dem OB und den anderen Fraktionssprechern an: die CDU hat jetzt die Chance, ihre Bedenken einzubringen und den Prozess mitzugestalten. Wenn sie die Notwendigkeit einer Tram anerkennt, gibt es dafür eigentlich kein Hindernis mehr. Die CDU ist jetzt aufgefordert, konstruktiv mitzuarbeiten und nicht wieder den Vorteil in kontroversen Scheindebatten zu suchen.
Wir freuen uns, dass die Politik der Verwaltung mit dem Antrag ein klares und starkes Mandat erteilt hat und sind fest entschlossen den nun begonnenen Prozess zur konkreten Planung einer Tram für Kiel aktiv und eng zu begleiten. Die vorgesehene Konzeptionsphase bis 2020 ist unserer Meinung unerlässlich um die immensen verkehrs- und umweltpolitischen Herausforderungen, mit denen die Landeshauptstadt Kiel derzeit und zukünftig konfrontiert wird, breit und offen zu diskutieren.
Wir halten es aber für unbedingt notwendig, dass die Stadtverwaltung umgehend mit den notwendigen finanziellen und personellen Kapazitäten ausgestattet wird, um die Planungen schnellstmöglich zu konkretisieren.
Unser Ziel lautet: Erster Spatenstich 2023!