Um es kurz zu machen: Der Platz neben dem Holstenfleet reicht nicht für Haltestellen in beide Richtungen, aber immerhin für eine in Richtung Hauptbahnhof. Für das, was möglich war, ist das Ergebnis aber sehr gelungen.
Seit Beginn der Planungen 2020 war diese Haltestelle ein Thema. Es kristallisierte sich aber immer mehr raus, dass wahrscheinlich nur eine Haltestelle auf der Südseite, stadteinwärts, möglich ist. Mit Abschluss der Vorplanung ist die halbe Haltestelle die bevorzugte Variante, die Alternative einer ganzen Haltestelle wird aber weiter untersucht.
Wir hätten uns eine vollwertige Haltestelle gewünscht, aber aus unserer Sicht ist die jetzt gefundene Lösung das Beste des Möglichen.
Eine wichtige Haltestelle
Eigentlich brauchte es eine Haltestelle Holstenbrücke. Sie war nicht ohne Grund bis zum Bau des Kleinen Kiel Kanals eine der Haltestellen mit der höchsten Nachfrage in der ganzen Stadt. Sie lag wunderbar zentral für die Erschließung der Alt- und Vorstadt. Wegen der Nähe zur Fußgängerzone war sie gut erreichbar und optimal sichtbar.
Der Ersatz, die heutige Haltestelle Martensdamm, liegt dagegen am Rande der Altstadt. Um stadteinwärts zu fahren, muss man zudem die nicht gerade schmale Straße überqueren, um von der Altstadt zur Haltestelle zu kommen.
Man darf daher vermuten, dass eine zentrale Haltestelle auf der Holstenbrücke nochmal die Nachfrage heben könnte. Das zeigt das Aufbegehren der Einzelhändler vor Ort, die sich die Haltestelle ausdrücklich wünschen. Auch bei der Bürgerbeteiligung war die Haltestelle oft Thema.
Die Herausforderung
Der Platz fehlt.
Zwischen Häusern und Wasserbecken bleiben 14,5 m für eine Straße, die heute in eine Fahrbahn für Fahrrad und Bus sowie zwei Gehwege geteilt ist. Andere Kraftfahrzeuge sind nur für die Anlieferung zugelassen.
Heute ist das mehr, als es braucht und auch für die Tram selbst ist es Platz genug. Da sie in der Spur geführt wird, braucht sie weniger Platz als der Bus.
Und auch für zwei Bahnsteige wäre Platz. Aber: dann müssten die Radfahrenden zwischen den Schienen fahren – und das ist problematisch.
Zuerst einmal werden auf diesem Trassenabschnitt drei Tram-Linien fahren. Daher ist es insbesondere im Haltestellenbereich wichtig für einen stabilen Betrieb, Konflikte mit Radfahrenden zu vermeiden.
Zudem ist die Rille in der Schiene breit genug sein, dass schmale Fahrradreifen hinein rutschen können. Ein Sturz kann die Folge sein. Die Tram braucht diese Rille auf der Innenseite der Schiene, um mit den Spurkränzen auf der Schiene gehalten zu werden.
In Tram- und Fahrradstädten wie Amsterdam und Bremen kommt man damit gut zurecht. Bei aufmerksamer Fahrweise passiert es nicht, dass man in die Schienenrille rutscht. Aber auch der aufmerksamste Menschen macht Fehler – bei Neubauten achtet man deshalb darauf, den Radverkehr möglichst neben den Schienen zu führen.
Deswegen gibt es im ganzen Kieler Tram-Netz parallel zur Tram Radwege, damit das Problem gar nicht erst auftritt. Auch Überwege im spitzen Winkel werden vermieden. Die Holstenbrücke wäre die Ausnahme.
Aus unserer Sicht gäbe es eine technische Lösung, die in anderen Städten eingesetzt wird. Die Rillenschiene lässt sich mit einem Gummi füllen, das sicher befahrbar ist, und von dem Spurkranz der Tramräder in einen Hohlraum gedrückt wird.
Die Frage ist allerdings, wie dauerhaft diese Lösung ist. Solche Gummis wurden bisher erfolgreich eingesetzt, etwa in Basel und Köln. Richtige Langzeittests gab es bisher noch nicht.
Daher sehen die aktuellen Planungen einen Radweg in der Holstenbrücke vor, der mit 3 m auch großzügig bemessen ist.
Die neue Haltestelle Martensdamm
..ist nicht so zentral, wie die alte in der Holstenbrücke, in der fertigen Vorzugsvariante aber sehr gelungen und besser als die heutige Bushaltestelle.
Die Haltestelle wurde aufgeteilt: stadteinwärts ist sie in der Holstenbrücke, stadtauswärts im Martensdamm.
Im Martensdamm wird die Fahrbahn in Richtung der Bergstraße angehoben. Wer zu Fuß unterwegs ist, kann die Haltestelle zwischen den Fahrbahnen so sicher und barrierefrei erreichen. Der Fußweg auf der Altstadtseite wird deutlich breiter und es werden neue Bäume gepflanzt. Am nördlichen Ende der Holstenbrücke entsteht damit fast schon ein Platz, der die Altstadt Richtung Kleiner Kiel erweitert. Die heutige Barriere zwischen Altstadt und Kleinem Kiel wird so deutlich gesenkt.
So wird aus unserer Sicht aus einer nicht optimalen Ausgangssituation ein sehr gutes Planungsergebnis erzielt, welches sowohl die bestehenden Gewerbeflächen gut anbindet, als auch neue Möglichkeiten für die Stadtentwicklung schafft.
Gibt es Alternativen?
Es wurde auch über Haltestellen an anderer Stelle nachgedacht.
Lange Zeit unser Favorit: eine Haltestelle zwischen der Holstentraße und dem Bootshafen. Doch hier fehlt der Platz – für die Tram wird mit einer Bahnsteiglänge von 60 m geplant. Das ist auch vernünftig. In Deutschland setzen sich inzwischen längere Fahrzeuge dieser Größenordnung durch, nach den bisherigen Prognosen wird man sie auch in Kiel brauchen. Dafür reicht der Platz an dieser Stelle bei weitem nicht.
Aus dem gleichen Grund scheiden auch versetzte Bahnsteige in der Holstenbrücke aus.
Denkbar ist auch eine Haltestelle in der Andreas-Gayk-Straße, auf der Höhe von Primark. Doch dort gibt es einige Lieferzufahrten, welche für Bordsteinabsenkungen in der Haltestelle sorgen würden. Zudem werden hier in Zukunft viele Busse fahren, die am Bootshafen abbiegen. Die würden sich dann in der Haltestelle hinter der Tram stauen. Auch liegt die Haltestelle zu nah an der in der Andreas-Gayk-Straße.
Holstenbrücke ohne Fahrrad?
Man kann zumindest darüber nachdenken, dem Radverkehr eine Alternative zur Holstenbrücke zu geben.
Die Holstenbrücke ist heute die einzige Ost-West-Verbindung im Zentrum für die Radfahrenden. Man könnte zusätzlich die Willestraße und die Hafenstraße zu Fahrradstraßen zu machen. Damit würde der Radverkehr über den Asmus-Bremer-Platz fahren und die Holstenstraße queren.
Neben Ziegelteich und Holstenbrücke eine weitere Unterbrechung der Fußgängerzone zu schaffen, fand bisher aber wenig Freunde. Insbesondere bei Veranstaltungen und Märkten wären Fuß- und Radverkehr kaum miteinander zu vereinbaren. Das Pflaster auf dem Platz ist zudem denkmalgeschützt (ja, wirklich).
Unsere Sicht
Wir haben uns jetzt mehrere Jahre mit dieser Haltestelle beschäftigt und müssen anerkennen: die alte Zentralhaltestelle werden wir in der Form nicht wiederbekommen. Aber die Lösung gefällt uns sehr gut. Sie erschließt die Innenstadt gut, sogar besser als heute und ist fußläufig gut erreichbar.
Das Planungsteam hat hier keine halben Sachen gemacht.