CDU Kiel: Anspruch und Wirklichkeit

Anspruch und Wirklichkeit sind derzeit bei der CDU zwei Paar Schuhe. Unser CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Zeichen der Zeit erkannt und fordert mutiges Anpacken – denn für ein Ende der Infrastrukturkrise und einen wirtschaftlichen Aufschwung braucht es jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung:

„Erinnern wir uns, wie viel Kraft ein positiver Geist freisetzen kann und wie viel Energie verschwendet und vergeudet wird durch Pessimismus und Larmoyanz. Dafür haben wir keine Zeit, meine Damen und Herren.“

Bundeskanzler Friedrich Merz in seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit 2025

Und was macht dagegen die CDU Kiel (gemeinsam mit der FDP Kiel)? Sie steckt den Kopf in den Sand und bläst Probleme auf. Ganz vorne mit dabei ist ihr OB-Kandidat Gerrit Derkowski.

Mit Verweis auf die Haushaltslage 2025 sollen, wenn es nach CDU und FDP ginge, ein halbes Jahrzehnt vor Baubeginn alle Tram-Planungen eingestellt werden, denn Kiel könne sich die Stadtbahn nicht leisten. Dabei fallen Kosten für das Tram-Projekt in (für einen städtischen Haushalt) relevanter Höhe erst ab dem Spatenstich im Jahr 2030 an.

Wenn wir in Deutschland nun anfangen, alle Planungen für größere Infrastrukturprojekte in vorauseilendem Gehorsam fünf Jahre vor Baubeginn einzustellen, nur weil uns das aktuelle Haushaltsjahr Sorgen bereitet, dann bekämen wir in diesem Land gar nichts mehr gebacken.

Wirklich irritierend finden wir außerdem, welches Misstrauen gegenüber der Wirtschaftspolitik des eigenen Kanzlers im derzeitigen OB-Wahlkampf bei der CDU mitschwingt.

Niemand kann vorhersehen, wie die städtischen Haushalte in den 30er Jahren aufgestellt sein werden, aber wir können alle gemeinsam – ganz im Sinne des Bundeskanzlers – mit der „Kraft eines positiven Geistes“ an der Zukunft Kiels und unseres Landes arbeiten. Mit derselben Haltung geht die CDU Kiel ja auch an Olympia und das umstrittene A21-Großprojekt heran. Warum die CDU bei der Finanzierung der Tram andere Maßstäbe anlegt, ist nicht rational zu erklären, zumal sie die Stadtbahn weiter für sinnvoll hält.

Vor allem steht Kiel mit seiner Haushaltslage bei Weitem nicht alleine da. Von München über Kaiserslautern bis Flensburg leiden gerade alle Kommunen darunter, dass sie strukturell unterfinanziert sind. So gut wie keine deutsche Stadt hat mehr einen ausgeglichenen Haushalt – die schwerste kommunale Finanzkrise in der Geschichte der Bundesrepublik.

Unser Kanzler weiß auch warum:

„Es kann nicht sein, dass Bund und Länder – vor allem der Bund – den Kommunen ständig mehr Aufgaben überträgt und sie finanziell anschließend damit allein lässt. Jetzt geht es darum, die kommunale Selbstverwaltung und finanzielle Handlungsfähigkeit der Städte und  Gemeinden wiederherzustellen.“  

Merz in seiner Rede beim Landesparteitag der CDU NRW am 30.08.2025

Deswegen stellt der Kanzler auch schon eine Entschuldung und Reformen in Aussicht.

Und die CDU Kiel? Sie missbraucht die kommunale Finanzkrise für den Wahlkampf. Selbst bei den Kieler Nachrichten kann man sich deutliche Seitenhiebe nicht mehr verkneifen:

„Die Kommunen müssen ausbaden, was an anderer Stelle beschlossen wird. Und sie haben kaum Möglichkeiten, auf diese Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Deshalb wirkt es fast komisch, wenn Kandidaten im aktuellen Oberbürgermeisterwahlkampf die Sanierung der Stadtfinanzen versprechen. Dafür fehlt einem Verwaltungschef derzeit das Werkzeug“.

Kommentar von Christian Blasel in den KN vom 30.10.25, S. 2

Aber die CDU zielt nicht nur auf die Finanzierung der Tram. Nein, auch bei der Planung wird der Teufel an die Wand gemalt. Die Stadtbahn werde ja ohnehin nicht vor 2040 fertig, das kenne man doch: Lange Planfeststellungen und dann wird auch noch geklagt!

Gerrit Derkowski mag kein Fachmann sein (sollte er gewählt werden, möchte er zunächst ein Praktikum im Tiefbauamt machen, verriet er den KN in einem Interview am 22.10.2025) – der Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes war hingegen bis vor kurzem noch der für das Amt für Planfeststellung Verkehr zuständige Staatssekretär. Wir möchten deshalb daran erinnern, dass es eines der erklärten Ziele der Regierung Günther ist, die Planungsverfahren zu beschleunigen. Traut man in der CDU Kiel nicht mal dem eigenen Landesvorsitzenden?

Liebe CDU Kiel, wenn ihr schon bei der Tram den Kopf in den Sand steckt, dann wird das auch nichts mit der A21. Denn die würde von derselben Behörde planfestgestellt.

Überhaupt, der Ausbau zur A21, der Bau der Nebenstraße und die Sanierung des Barkauer Kreuzes: Dieses Großprojekt würde mehrere Jahre dauern und wäre eine Operation an der Hauptschlagader des Kieler Straßennetzes. Die Baustelle würde täglich viel mehr Menschen betreffen als die gesamte Stadtbahnbaustelle. Warum die CDU Kiel ständig die Tram zum angeblich unfinanzierbaren, unplanbaren und unbaubaren „Megaprojekt“ hochkocht, aber die Konsequenzen des A21-Baus komplett ausblendet, können wir uns nur politisch erklären.

Im Übrigen ist es kein Naturgesetz, dass Großprojekte immer länger brauchen und teurer werden. Eine Fertigstellung in Zeitplan und Budget ist eine Frage guten Managements. Hunderte Großprojekte schaffen das in Deutschland jedes Jahr – die landen nur nicht in der Zeitung.

Wer sich aber des Scheiterns sicher ist, wird scheitern.

Dabei weiß man es bei der Kieler CDU besser. 2022 war man noch stolz, den Nahverkehrsfrieden initiiert zu haben. Als die Entscheidung für die Tram am 17.11.2022 fiel, nannte der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Kreutz die Stadtbahn ein Riesenprojekt, das nur im Konsens gelingen könne1. Dann wechselte das Führungspersonal, ein anderer Ton und eine andere Strategie zogen ein. Wir drücken der Kieler CDU fest die Daumen, dass sie irgendwann ihren Fehler einsieht und zurück an den Tisch der Tram-Gestalter:innen kommt.

Gerrit Derkowskis vollständige Antworten auf unsere Wahlprüfsteine: https://tram-kiel.de/wahlpruefsteine-2025/gerrit-derkowski/

Unsere Analyse aller Wahlprüfsteine: https://tram-kiel.de/news/analyse-wahlpruefsteine-2025/ 

  1. siehe KN, 17.11.2022, „Kieler Ratsversammlung beschließt Historisches: Die Stadtbahn kommt“ ↩︎